Oder: Vom Sommer in den Winter in 36 Stunden
Wir starten am Donnerstag um kurz nach fünf Uhr morgens, damit wir pünktlich zur letzten Vormittagsbahn in Pranzaira sind. Für heute ist Warmklettern im Granit angesagt. Die Entscheidung fällt auf die Spazzacaldeira, im besonderen will das Wahrzeichen des Bergell die Fiama bestiegen werden. Aber mit dem Granitklettern ist das so eine Sache. Wenn man nur im Kalk rumkraxelt, dann muss man sich wirklich umstellen. Die erste Seillänge ist eine zu früh und deutlich schwerer als die 4b aus dem Führer. Nachdem uns der Schweiß durch Gesicht läuft und die Getränke im Rucksackdepot liegen kehren wir wieder um.
Also doch erst zur Hütte und am Piz dal Päl aufwärmen, so wie vor 4 Jahren mit Klaus.
Der abendliche Wetterbericht verheißt für Freitag erst einmal Sonne, Nachmittags sollen dann die Frontengewitter eintreffen.
Freitag Morgen schaut die Sache allerdings ein bißchen anders aus: Regen! In einer Regenpause laufen wir runter zur Spazzacaldeira, aber schon in den ersten Metern des Anstiegs kommen wieder Regenwolken auf.
Nachmittags nutze ich eine Regenpause um zum Passo Casnil zu laufen. Leider ohne den Pickel und die Kamera, so ist am Schneefeld unterhalb des Passes Schluss. Ein weiterer Kletterversuch scheitert 10m hinter der Hütte als uns Donnergrollen wieder nach innen treibt. Macht aber nix. Eine der schönsten Hütten mit ausgezeichneter Küche lassen auch den wettertechnisch eher mäßigen Aufenthalt zur Erholung werden. Abends kommt nochmal Bewegung ins Hüttenleben, die Helibernina hat die Versorgungsflüge angekündigt.
Der Wetterbericht für Samstag kündigt Schneefall an. Als ich um sechs Uhr mogens aufwache erschrecke ich dann doch. Draußen ist es auf einmal Winter. Einer aus der Hüttencrew kommt in Shorts und T-Shirt in die Hütte. Auf meine Frage ob das nicht die falsche Bekleidung sei, erhalte ich nur die Antwort: Es gibt keine falsche Kleidung, nur falsches Wetter. So kann man das auch sehen.
Nachdem die positve Nachricht kommt, dass die Seilbahn fährt, entscheiden wir uns für den Abstieg. Zum Abschluss machen wir noch einen kurzen Abstecher nach Bondo und werfen einen Blick auf die verschneite Nordkante des Badile. Für mich immer noch einer der schönsten Berge.
Hoffentlich dauert es bis zum nächsten Wiedersehen nicht wieder vier Jahre!