Susanne ist erst im Kaiser, dann in Chamonix, leider ohne mich. Damit meine Arme nicht ganz verkümmern und die Kondition ganz im Bürostuhl verpufft, gibt es einen Kletterausflug ins Oberreintal. Mit von der Partie ist Josef, der sich in kürze für ein Jahr irgendwo in Iowa rumtreiben wird, weit weg von hohen und steilen Bergen. Also rauf ins Steile Kar, wo Kletterträume wahr werden, because flat sucks. Der Vorsatz, nie mehr ohne Bikeunterstützung da hoch zu laufen hat Bestand, allerdings ganz ohne ist das auch nicht. Nachdem die Deutsche Bummelbahn fast 5h, anstatt der angegeben 3:16 h benötigt, läuft uns der Schweiß in der prallen Mittagshitze in Strömen von der Stirn. Die letzten Meter pack ich mir dann wie erbeten auch noch einen ordentlichen Holzscheid auf den Buckel, eh scho wurscht. Aber man muss die Reise immer als Ganzes sehen und nicht nur auf die Kletterei reduzieren.  Gerade auf der Oberreintalhütte klappt das ganz gut. Hier herrscht einfach ein besonders Flair, wie man es nur noch sehr selten findet. Wir wechseln unsere triefend nasse Kleidung gegen ein wenig weniger triefende und schicken uns um noch ein paar Klettermeter zu schaffen. Hans hat uns ermahnt rechtzeitig wieder zurück zu sein, sonst ist von unserem selbst heraufgeschleppten Essen nix mehr da.

Radlkante
Radlkante

So hängen wir die unteren  Seillängen der Radlkante zusammen und sind mit dem sechsten Stand schon fast oben. Man waren wir letztes Jahr nach Bolivien platt, das geht doch alles recht einfach von der Hand, wenn man fit ist. Nach Abstieg und Abseilaktion schaffen wir es gerade rechtzeitig zum Abendessen. Schnell in der Küche helfen, noch ein bisserl in der Wiese vor der Hütte liegen, dann kriechen wir ziemlich müde in unsere Schlafsäcke. Um 5:35 Uhr erschallt der Weckruf. Nach der Aufwärmrunde gestern geht es heute deutlich steiler zur Sache. Unterer Schüsselkarturm: Herbst/Teufel (VI-) Zwar schon vor über siebzig Jahren erstbegangen, ist der Fels hier immer noch so rau wie am ersten Tag. Und das bei einem Klassiker diesen Kalibers. Die Absicherung ist sparsam, aber die Standhaken sind DAV Klebehaken und an den entscheidenden Stellen steckt auch was. Dazu gibt es viele Möglichkeiten zur mobilen Absicherung. Die Schlüsselstelle in der 6.SL ist auch kein Problem, nur der Topo ist ein bisschen irreführend. Zu Glück haben wir eine Seilschaft direkt vor uns, die sich dem Orientierungsproblem stellen darf. Noch einmal ein Blick nach unten: Ganz schön steil! Zu guter Letzt wird es noch einmal abenteuerlich und atemberaubend. Der Abstieg über den Grat dauert zwar keine viertel Stunde, aber die hat es in sich.

Unterer Schüsselkarturm
Unterer Schüsselkarturm

Wir sputen uns beim Abstieg zur Hütte, wollen wir doch den Zug um vier in Garmisch erwischen. Jetzt zahlt sich das Radl voll aus. Gerade mal eine Stunde brauchen wir, dank dem Hinweis zur richtigen Abzweigung, von der Hütte bis zum Skistadion. Der Himmel verdüstert sich, aber vor den ersten Tropfen sind wir am Bahnhof und tuckern gemütlich wieder mit der Bimmelbahn nach Hause.

Weiter Informationen rund ums Oberreintal gibt es hier im Bergzeit Magazin.