Es gießt in Strömen, typisches Juniwetter, wie auch in den letzten Jahren. Was mir die Gartenarbeit verleidet, selbigem aber ganz gut tut, kommt in den Bergen aber als Weiß vom Himmel. Richtung Ende der Woche ist aber Besserung in Sicht. Sowieso die einzige Möglichkeit in den kommenden Wochen etwas gemeinsam zu unternehmen. So werden Termine verschoben oder abgesagt, um eine der beliebtesten Nordwände in Angriff zu nehmen: die Hochfeiler-Nordwand.

Auch wenn sie vom Hintertuxer Gletscher zum Greifen nah aussieht, muss man ganz außen rum, über den Brenner ins Pfitschertal. Die letzten Kilometer der Pfitscherjochstraße sind dann nur noch Schotterpiste. Irgendwie erinnert mich das gerade an die Erlebnisse vor einem Jahr in Bolivien. Am Parkplatz treffen wir zwei Rückkehrer vom Hochfeiler mit Nachrichten, die uns etwas Sorgen machen. Sehr viel Schnee. Siehe oben. Trotzdem wandern wir frohen Mutes über wunderschöne Almwiesen zum G.-Messner-Biwak, direkt unter der Hochferner Nordwand. Auch ein interessantes Ziel, aber die Bedingungen sind alles andere als gut. Mit uns teilen sich zunächst nur drei Italiener die kleine Biwakschachtel. Zu späterer Stunde gesellen, ich sollte besser sagen lärmen sich noch fünf Weitere hinzu. Um kurz nach zwei klingelt der Wecker und wir starten um drei im Dunkeln zur Griesscharte.

Griesscharte
Griesscharte

Von hier geht es steil durch eine Rinne hinab und über den Rötkees bis zu einem weiteren Felsriegel, von dem man zum ersten Mal das Ziel sehen kann. Bis hierher läuft alles ganz gut. Um fünf erreichen wir den besagten Felsriegen, über den man eigentlich mit geringem Höhenverlust auf den Schlegeisferner gelangt. Doch kaum starten wir in die Querung, rumpelt schon die erste Lawine direkt in unserem Blickfeld über die Spur. Nicht nur Schnee, sondern auch ordentliche Gesteinsbrocken sind unterwegs. Ein klares Zeichen die Spur zu überdenken. Weiter unten lässt sich die Lawinenkegel auch nicht gut umgehen, der Schnee ist hier weich und tief. So entscheiden wir uns umzukehren. Die Italiener ignorieren die Alarmzeichen und marschieren los. Wir flitzen wieder zur Biwakschachtel. Schade, aber unter seriösen Gesichtspunkten die einzig vernünftige Entscheidung.

Hochfeiler
Hochfeiler