Ein Traum wird wahr! Über neun Jahre nachdem ich das erste Mal hier war, gelingt uns in diesem Jahr eine wunderschöne Durchquerung der Bernina. Am Samstag laufen wir mal wieder auf die Tschiervahütte. Ich wäre so gerne auch mal mit der Pferdekutsche ins Val Roseg gefahren, aber leider ist sie schon bis zum letzten Platz belegt. Bevor wir uns eine Stunde in Pontresina rumtreiben, können wir aber doch auch gleich laufen. Kurz nach der Abzweigung haben wir die Kutschenfahrer auch schon wieder eingeholt, zeitlich rechnet sich das also nicht.

Piz Scerscen
Piz Scerscen

Am Sonntag folgen wir dem Weckruf um kurz vor drei Uhr und starten mit dem großen Tross an Biancogratanwärten. Nach kurzer Zeit biegen wir aber nach rechts ab und schon wird die Zahl der Begleiter kleiner. Nach dem sich auch noch die Rosegaspiranten von unserem Weg getrennt haben sind wir, zumindest kurzzeitig, ganz alleine. Die Hüttenwirtin hatte nicht ganz recht, als sie gestern Abend meinte, wir hätten den Scerscen für uns ganz alleine. Eine Führerpartie und eine junge Dreiergruppe, die auf dem Gletscher biwakiert haben, sind heute unsere Begleiter.

Biancograt
Biancograt
Gipfelgrat Piz Bernina
Gipfelgrat Piz Bernina

Am Montag Morgen um Drei das gleiche Spiel wie am Vortag, vielleicht ein bisschen weniger Rummel. Wieder um halb vier Uhr verlassen wir im Licht unserer Stirnlampen die Hütte. Dieses Mal bleiben wir aber in der Spur und folgen den Reflektoren bis zur Fuorcla Prievlusa. Nach einem Schauer gestern Abend sind die Felsen allesamt mit einer Schneeschicht überdeckt und so bleiben die Steigeisen für den Rest des Tages an den Füßen. Bevor man auf die berühmte Himmelsleiter kommt, gilt es erstmal ein paar Meter im Fels zurück zu legen. Die weiße Firnschneide ist eigentlich der einfachste Teil der ganzen Unternehmung, zumindest wenn sie sich so präsentiert wie heute. Schön gleichmäßig stapfen wir nach oben, hier werden die Höhenmeter bei der Tour gemacht. Oben angekommen reihen wir uns ein, warten ein bisserl an den Abseilstellen und kommen eigentlich doch ganz gut voran. Zwischen Piz Bianco und Piz Bernina geht es noch ein paar Mal rauf und runter. Zu guter Letzt zieht noch der von Ferne so unbezwingbare Gipfelgrat nach oben. Aber auch der ist kurz nach Mittag bezwungen. Die Gipfelrast auf dem östlichsten 4.000er verbringen wir ziemlich allein. Das Wetter hält was es verspricht und so starten wir gemütlich über den Spallagrat zum Rif. Marco e Rosa. Aber obacht: Am Gipfel ist die Tour noch längst nicht zu Ende.

Rif. Marco e Rosa
Rif. Marco e Rosa

Die Nacht auf einer der höchsten Hütten der Alpen ist nicht so richtig erholsam, neben der Höhe macht uns ein Sägewerk im Nebenbett zu schaffen. Also nix gemütlich ausschlafen. In Sachen Sanitäreinrichtung und Frühstück macht die Hütte ihren italienischen Wurzeln alle Ehre. Nun kommt aber zum Abschluss noch eine reine Genusstour. Über die Bellavistaterrassen hinüber zum Piz Palü. Rüber über dessen drei markante Gipfel, inklusive einer netten Felseinlage zum Piz Spinas hinauf und wieder runter auf der Ostseite durch das Spaltenlabyrinth des Persgletscher. Zu guter Letzt noch um den Piz Trovat herum zur Diavolezza. Noch ein Mal schweift stolz der Blick durch die Arena. Hinter uns liegt eine wahrlich großartige Durchquerung.

Verbindungsgrat Piz Palü
Verbindungsgrat Piz Palü